Wie belastend sind die heutigen Jobs im Service public? Und hat sich die Arbeitssituation in den letzten Jahren verschlechtert oder auch verbessert? Der VPOD hat mit einer Umfrage den Puls und die Temperatur der Mitgliedschaft genommen.
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Rund 20'000 VPOD-Mitglieder haben im Frühsommer 2019 einen ausführlichen Fragebogen unter dem Titel „Kollegin, Kollege, wie geht es dir?“ erhalten. Der Rücklauf war erfreulich hoch: 3747 Fragebogen wurden ausgefüllt, was einer Quote von 18,7 Prozent entspricht. Eine Auswahl der Fragen und Antworten ist hier zusammengefasst.
Für weitere Rückfragen stehen zur Verfügung
, Zentralsekretär Soziales und Redaktor VPOD-Magazin
, Zentralsekretärin Gleichstellung und Bildung
VPOD Zentralsekretariat. Tel. 044 266 52 52
68 Prozent der knapp 3500 Antwortenden sind „übers Ganze gesehen“ mit ihrer Arbeitssituation zufrieden, und 76 Prozent sind mehr oder weniger gesund. Trotzdem: Bei der Arbeit fühlen sich zwei Drittel (67 Prozent) gestresst, und für mehr als die Hälfte (54 Prozent) ist die Zufriedenheit in den letzten 4 Jahren gesunken.
Die stärkste Veränderung lässt sich bei der psychischen Belastung am Arbeitsplatz feststellen: Für drei Viertel der Antwortenden (74 Prozent) ist diese in den letzten 4 Jahren grösser geworden.
Die Hinweise, woher diese Belastungen kommen, sind ebenfalls eindeutig. Offenkundig liegt es nicht an den Kolleginnen und Kollegen, mit denen sich eine überwältigende Mehrheit (94 Prozent) recht oder sogar sehr gut versteht. Es liegt meist auch nicht an der Chefin oder am Chef – den Vorgesetzten wird von einer deutlichen Mehrheit (61 Prozent) ein gutes oder sehr gutes Zeugnis ausgestellt („macht seine/ihre Arbeit gut“).
Woher also kommen Stress und psychische Belastung? Es sind volle fünf Sechstel (84 Prozent), die angeben, dass an ihrer Arbeitsstelle administrative Aufgaben zugenommen haben. Diese Frage ist zudem die einzige, bei der auf der vierstufigen Skala die extreme Antwort („trifft volllkommen zu“) häufiger angeklickt wurde als die schwächere („trifft eher zu“).
Die Analyse nach Branchen zeigt, dass die Überadministration sich zumal in den typischen Frauenberufen und Frauenbranchen breitmacht, zu denen man heute auch die Schule zählen
muss, daneben der Sozial- und der Gesundheitsbereich.
Gleichzeitig erhielt die Aussage „Für den eigentlichen Inhalt meiner Arbeit habe ich zu wenig Zeit“ eine Zustimmungsquote von fast zwei Dritteln (63 Prozent). Besonders betroffen von solchen Phänomen sind die Bereiche Gesundheitswesen, Schule und Sozialbereich. Bei jenen Berufen, wo Menschen direkt Menschen als Gegenüber haben, fällt diese bürokratische Zumutung besonders negativ ins Gewicht.
Natürlich haben wir auch nach dem Personalbestand gefragt. Wenig überraschend und dem VPOD hinlänglich bekannt: 58 Prozent der Befragten gaben an, es gebe zu wenig Personal
Abgrenzungsproblematik ist infolge moderner Technologie spürbar, aber (noch) nicht ganz so dramatisch wie befürchtet. 41 Prozent geben an, zumindest gelegentlich abends oder am Wochenende noch Arbeiten beruflicher Art zu erledigen. Für die Ferien sinkt der Wert auf 27 Prozent. Für den Arbeitgeber erreichbar sind am Feierabend 40, in den Ferien 24 Prozent. Feierabend- und Wochenendarbeit deuten in Richtung Überbelastung – oder Überidentifikation.
Erhellend der Vergleich zwischen geforderter und selbstgenutzter Flexibilität. Dass die Balance hier nicht stimmt, belegt die Umfrage. 63 Prozent geben an, dass von ihnen Flexibilität erwartet wird, nur 52 Prozent können auch ihrerseits – «für eigene Bedürfnisse und Verpflichtungen» – von Flexibilität profitieren.
„Nach einem normalen Arbeitstag bin ich meistens so müde, dass ich mich nicht mehr zu Aktivitäten aufraffen kann.“ Dass dieser Aussage 24 Prozent voll und 42 Prozent eher, total also zwei Drittel zustimmen, ist erschütternd. Es bedeutet: Ein überwiegender Teil jener Menschen, die im Service public in der Schweiz arbeiten, sind abends (oder bei Schichtschluss) zu müde fürs Kino, fürs Konzert, zum Tanzengehen. Das ist ein bestürzender und beunruhigender Befund.