Sexistische und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – von abwertenden Sprüchen, obszönen Gesten bis zu sexualisierten Übergriffen – ist durch das Gleichstellungsgesetz verboten, aber in der Schweiz dennoch weit verbreitet. Das zeigt eine neue Studie im Auftrag des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) und des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) aus dem Jahr 2024, für die 2'533 Arbeitnehmende in der ganzen Schweiz befragt wurden.
Hast du Erfahrungen mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gemacht?
Sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt sind in der Schweiz weit verbreitet, auch in der Arbeitswelt.


Insgesamt hat ein knappes Drittel der Befragten in den letzten 12 Monaten und mehr als die Hälfte im gesamten Erwerbsleben Formen von sexueller Belästigung erlebt. Frauen sind deutlich häuifger betroffen als Männer: 59% der Frauen haben in ihrem gesamten Erwerbsleben einen oder mehrere Vorfälle erlebt, bei den Männern sind es fast 46%. Arbeitnehmende aus der Deutschschweiz berichten etwas häufiger von Vorfällen (53%) als Erwerbstätige in der Romandie (51%) und dem Tessin (44%).
Die am häufigsten erlebten Verhaltensweisen sind allgemeine abwertende oder obszöne Sprüche oder Witze und auf die Befragten persönlich bezogene abwertende oder anzügliche Sprüche. Vergleichsweise häufig sind ausserdem aufgezwungene Geschichten mit sexuellem Inhalt, obszöne Gebärden, Gesten, unerwünschter Körperkontakt, Nachpfeifen/Anstarren sowie unerwünschte abwertende oder obszöne Nachrichten oder E-Mails. MittlereVerbreitungswerte erreichen unerwünschte Einladungen mit sexueller Absicht und unerwünschte pornographische Inhalte gefolgt von Begrabschen/Küssen. Am seltensten berichtet wurde zum Glück von sexueller Erpressung sowie sexuellen Übergriffen/Vergewaltigung, aber auch das kommt vor.
Jede zweite arbeitstätige Person in der Schweiz hat also bereits sexuelle oder sexistische Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Und Frauen, junge Berufstätige und Auszubildene sind besonders betroffen.
Die Studie zeigt auch: Viele Arbeitgeber nehmen ihre Verantwortung im Bereich der Prävention und Intervention von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz nicht wahr. Denn obwohl 95 Prozent der befragten Arbeitgeber behaupten, sexuelle Belästigung ernst zu nehmen, weisen 85% Wissenlücken auf betreffende den Rechten und Plfichten und in jedem fünften Betrieb gibt es keine Präventions- oder Interventionsmassnahmen.
Sexuelle Belästigung ist vom Gesetz eindeutig verboten und muss nicht toleriert werden - im Gegenteil. Arbeitgeber sind verpflichtet, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nicht zuzulassen und Präventionsmassnahmen zu ergreifen, damit sie nicht geschieht.
Der VPOD macht schon seit langem auf dieses wichtige Thema aufmerksam und engagiert sich dafür, dass die Arbeitgeber ihre Präventionsaufgabe in den Betrieben endlich wahrnehmen. In diesem Zusammenhang hat der VPOD Richtlinien gegen sexuelle Belästigung, Mobbing und Diskriminierung entwickelt, welche Eingang in viele Betriebsreglemente gefunden haben.Wir fordern von den Arbeitgebern, dass sie ihre Verantwortung ernst nehmen und klare Massnahmen gegen sexuelle Belästigung ergreifen. Dazu gehört eine verbindliche Nulltoleranzpolitik und regelmässige Schulungen für Mitarbeitende und Führungskräfte. Die Arbeitnehmenden müssen über ihre Rechte informiert werden und ohne Angst vor negativen Konsequenzen Beschwerde einlegen können. Wir fordern eine konsequente Durchsetzung des Verbots im Gleichstellungsgesetz und griffige Sanktionen bei Nichteinhaltung. Auf gesetzlicher Ebene fordern wir, dass die Schweiz endlich die ILO-Konvention Nr. 190 ratifiziert und im Gleichstellungsgesetz die Beweislasterleichterung auch für sexuelle Belästigung gilt.
Wer sexueller Belästigung ausgesetzt ist oder sie beobachtet, kann sich dagegen wehren und gegebenenfalls bei der Gewerkschaft oder bei einer Beratungsstelle Hilfe und Beratung suchen. Auch wenn man unsicher ist, ob ein unangenehmes Verhalten als Belästigung gilt, sollte man sich beraten lassen.
Ansprechpartner im VPOD sind die jeweiligen » Regionalsekretariate oder die Zentralsekretärin für Gleichstellungsfragen ().
Mehr Infos zum Thema »Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (Website EBG)
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12.04.2016 | Gemeinsam gegen sexuelle Belästigung, Mobbing und Diskriminierung | PDF (2.7 MB) |