Sichtbar unverzichtbar: "Sozis" & Co. werden laut

Von: Christoph Schlatter

An der Verbandskonferenz in Solothurn diskutierten (und demonstrierten) rund 40 Beschäftigte aus dem Sozialbereich.

Demo durch Solothurn: Die Berufsleute im Sozialbereich verlangen mehr Anerkennung. (Foto: Alexander Egger)

Die VPOD-Verbandskonferenz, die turnusgemäss im Juni 2020 hätte stattfinden sollen, konnte im Juni 2022 endlich stattfinden.

Am ursprünglich geplanten Ort und mit ursprünglich geplantem Sonnenschein und ursprünglich geplantem Grusswort von SP-Regierungsrätin Susanne Schaffner. Aber eine Pandemie später, was vieles verändert hat. Die Gastreferentin aus Österreich konnte - infolge hartnäckigem Long Covid - nicht persönlich anreisen.Die Videobotschaft der Buchautorin und Gewerkschafterin Veronika Bohrn Mena war aber ebenso aufrüttelnd wie ermunternd: Es muss jetzt endlich einmal Tacheles geredet werden über das, was die Menschen in den sozialen Berufen tagein jahraus leisten. Und wie sie - in ihrer grossen Mehrheit Frauen - uns alle durch die Jahrhundertkrisen tragen, die halb überstandenen und die künftigen. Wehrt euch, rief Bohrn Mena aus Wien nach Solothurn. Und lasst euch nicht unter Wert bezahlen, bloss weil man eure Hingabe und eure soziale Ader so gut ausbeuten kann.

In der anschliessenden Debatte kamen Ähnlichkeit und Unterschiede zwischen der Schweiz und Österreich zum Vorschein. Eine Regel ist, dass Arbeitnehmende umso schlechter organisiert und umso weniger wehrhaft sind, je prekärer sie leben und arbeiten. In der Gewerkschaftsorganisation gibt es unterschiedliche Erschwernisse: in der Schweiz den Konkurrenzkampf zwischen Gewerkschaften, die teilweise dem gleichen Dachverband angehören. In beiden Ländern standen die Sozialtätigen während Corona im Schatten des Gesundheitspersonals.

"Für uns wird noch nicht einmal geklatscht", hiess es an der kleinen (fast) spontanen Demo durch Solothurns wunderbare Altstadt. Die Kirchentreppe von St. Ursen lud zu einer kleinen Rast. Mit dem Referat von Thomas Jammet, wissenchaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Soziale Arbeit Freiburg, wurde ein weiteres Leitthema der nächsten Jahre angeschnitten. Die Digitalisierung droht - darin dem Coronavirus ganz gleich - bestehende Ungleichheiten zu verstärken. Dass der Ausschluss von sozialpädagogisch Tätigen in Heimen aus dem Arbeitgesetz ein absolutes No-Go ist, ist eigentlich schon lange klar. Die Konferenz hat den Willen bekundet, diese schändliche Lücke zu beseitigen.

Die Verbandskommission, welche die nationale Koordination der Gewerkschaftspolitik gewährleisten soll, hat also gut zu tun. Daher ist es prima, dass ihre Verjüngung gelang - nach dem pensionierungsbedingten Rücktritt des langjährigen Präsidenten (zugleich Delegierter der Kommission in der Delegiertenversammlung des Verbandes), Ueli Trachsler (Zürich) und vieler seiner Kolleginnen und Kollegen, die fast alle gleichzeitig ins AHV-Alter geraten sind. An Trachslers Stelle tritt ein Co-Präsidium mit Ilena de Groot (Basel) und Mario Ulmann (Zentralschweiz); letzterer nimmt auch die Vertretung der Kommission in der DV wahr.


Galerie: VPOD-Verbandskonferenz Sozialbereich 2022