Hartnäckig Bildungszugänge einfordern!

Von: Johannes Gruber

Verein und Kampagne «Bildung für alle – jetzt!» zogen Zwischenbilanz und entwickelten neue Perspektiven.

Bildungsfachpersonen, Geflüchtete und Aktivist*innen an der Netzwerktagung «Bildung für alle – jetzt!» Johannes Gruber

Mehr als 50 Bildungsfachpersonen, Aktivist*innen und Geflüchtete diskutierten am 11. Juni in Bern, was in den letzten zwei Jahren erreicht wurde und was jetzt getan werden muss. Nach Einreichung der Petition «Bildung und Arbeit für Geflüchtete ermöglichen» im September 2021 mit 20000 Unterschriften wurden kantonale wie nationale parlamentarische Vorstösse lanciert. Diese gilt es jetzt weiter zu verfolgen und neue Vorstösse auf den Weg zu bringen. Zuletzt hatte die Kommission für Bildung, Wissenschaft und Kultur der Petition mit einem Postulat Folge gegeben, das den Bundesrat auffordert, einen Bericht über den Bildungstand und Handlungsbedarf beim Bildungszugang für Geflüchtete zu verfassen.

Um die Medien-, Netzwerk- und Lobbyarbeit zu verbessern, votierten die Teilnehmenden für eine Professionalisierung der Kampagne mit mehr personalen Ressourcen und entsprechendes Fundraising.

Behörden verpflichten

In ihrem Referat wies Bettina Looser, Geschäftsführerin der Eidgenössischen Kommission für Migration und Bildungsexpertin, darauf hin, dass die Schweiz eine Migrationsgesellschaft ist. Zu dieser gehören auch Geflüchtete, auch sie haben deshalb Grundrechte wie das Recht auf Bildung. Ein besonderes Verdienst der Kampagne sei es, auf Lücken und Hürden beim Bildungszugang für Geflüchtete hinzuweisen und die Behörden darauf zu verpflichten, ihren Worten Taten folgen zu lassen.

Bildung für alle

Katharina Prelicz Huber, Nationalrätin der Grünen und Präsidentin der Gewerkschaft VPOD, bedankte sich in ihrem Statement für das wichtige Engagement. Gerade in der Schweiz ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass viele Menschen faktisch von Bildung ausgeschlossen sind und viele Bildungsungerechtigkeiten bestehen.

Vieles wurde in der Kampagne angestossen, nun müssen wir dranbleiben. Ziel muss es sein, dass wirklich alle Menschen in der Schweiz die Bildungsangebote wahrnehmen können, die sie brauchen.

Kürzliche Erfolge

Der Nationalrat hat einen Vorstoss überwiesen, der den Zugang zu Bildung für geflüchtete Personen und Sans Papiers verbessert. Das ist ein wichtiger Schritt in einem der Kernanliegen der Petition «Bildung und Arbeit für geflüchtete Menschen ermöglichen!». Die Staatspolitische Kommission (SPK-N) will, dass der Zugang zu einer Lehrstelle für jugendliche Sans-Papiers und abgewiesene Asylsuchende vereinfacht wird. Die Motion wurde am 8. Juni im Nationalrat behandelt und hat eine Mehrheit erhalten.

Damit soll der Zugang zu einer Lehrstelle für Jugendliche erleichtert werden, die schon lange als Sans-Papiers oder abgewiesene Asylsuchende in der Schweiz leben. Bisher galten sehr strenge Kriterien, z.B. musste ein:e Lernende:r mindestens fünf Jahre lang in der Schweiz die Schule besucht haben. Diese Kriterien sollen nun gelockert werden. So sollen die geforderte Aufenthalts- und Schulbesuchsdauer reduziert und die Möglichkeit von anonymen Anträgen geprüft werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass Jugendliche es wagen, einen Antrag zu stellen, der für den Abschluss eines Lehrvertrags notwendig ist. Nun geht die Motion an den Ständerat, der ebenfalls zustimmen muss, damit die Motion umgesetzt wird.

Voraussichtlich in der Herbstsession wird zudem ein Postulat der Bildungskommission des Nationalrates (WBK-N) behandelt, mit welchem der Bundesrat beauftragt wird aufzuzeigen, wie er die Kompetenzen von Menschen auf der Flucht besser erfassen und nutzen will. Beide Vorstösse nehmen direkt Anliegen der Petition «Bildung und Arbeit für Geflüchtete ermöglichen» auf.


Galerie: Hartnäckig Bildungszugänge einfordern!

Eindrücke von der Netzwerktagung «Bildung für alle – jetzt!» vom 11.6.2022 im Berner Kulturzentrum Progr