Lila Karte für die Arbeitgeber!

Wir fordern, dass der öffentliche Dienst eine Vorreiterrolle in Fragen der Gleichstellung einnimmt und verlangen konkrete Massnahmen.

Der Frauen*streik vom 14. Juni hat Geschichte geschrieben. Nie zuvor sind so viele Menschen in der Schweiz aufgestanden und haben Gleichstellung gefordert. Anlässlich der Delegiertenversammlung vom 14. September 2019 – drei Monate nach dem Frauenstreik – fordern die Delegierten des VPOD die öffentlichen Arbeitgeber auf, jetzt konkrete Massnahmen zu ergreifen.

Katharina Prelicz-Huber, Präsidentin VPOD, hält fest: «Der öffentliche Dienst muss jetzt vorangehen und exemplarische Arbeitsbedingungen bieten, welche die Gleichstellung fördern. Dazu gehören unter anderem Massnahmen zur Aufwertung der sogenannten Frauenberufe, namentlich in den Sektoren Reinigung, Pflege und Kinderbetreuung, wo mehrheitlich Frauen arbeiten.» Für den VPOD bedeutet gute Personalpolitik, dass konkrete Massnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Betreuungsaufgaben für Frauen und Männer ergriffen werden.

Der öffentliche Dienst ist weit davon entfernt, in Fragen der Gleichstellung ein exemplarischer Arbeitgeber zu sein, und die verbreitete Abbaupolitik verschärft das Problem. «Wir sind immer wieder mit Privatisierungen und Auslagerungen konfrontiert, wie beispielsweise aktuell bei der Reinigung im Spital Tafers im Kanton Fribourg. Auslagerungen gehen immer mit einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und bei den Sozialversicherungen der Angestellten einher, in diesem Bereich grossmehrheitlich Frauen, die davon massiv betroffen werden», hält Cora Antonioli, die Vize-Präsidentin des Verbands fest. «Der öffentliche Sektor hat bisher nicht genug dafür getan, Frauenlaufbahnen wirklich zu fördern, Barrieren abzubauen und die Frauenberufe aufzuwerten sowie Sexismus und sexuelle Belästigung zu bekämpfen. Die Situation ist sehr unbefriedigend.»

Die Forderungen des VPOD zeigen, wo im öffentlichen Dienst Handlungsbedarf besteht. Ihre Konkretisierung muss vor Ort in den Kantonen und Gemeinden geschehen.

Die Forderungen im Einzelnen:

  1. Der VPOD fordert eine Aufwertung der Löhne und Einreihungen der Frauenberufe durch eine Anhebung aller Lohnklassen, in denen überwiegend Frauen arbeiten.
  2. Der VPOD wehrt sich gegen Auslagerungen und fordert die Rückführung von ausgelagertem Putzpersonal, überwiegend Frauen und oftmals Migrantinnen, in den öffentlichen Dienst oder subventionierte Betriebe.
  3. Der VPOD fordert eine Arbeitszeitverkürzung, damit Frauen aus der Teilzeitfalle kommen und die unbezahlte Arbeit geteilt werden kann. Der VPOD fordert ausserdem eine öffentlich finanzierte, gute Kinder- und Altersbetreuung mit guten Arbeitsbedingungen.
  4. Der VPOD wehrt sich gegen Flexibilität zugunsten des Arbeitgebers und fordert Arbeitszeiten, die mit Familien- und Privatleben vereinbar sind.
  5. Der VPOD fordert die Anerkennung der unbezahlten Betreuungs- und Sorgearbeit in den Sozialversicherungen.
  6. Der VPOD fordert, dass die öffentlichen Arbeitgeber vorausgehen und rasch einen echten bezahlten Elternurlaub einführen, auch für gleichgeschlechtliche Eltern und/ oder Adoptiveltern.
  7. Der VPOD fordert sowohl räumliche wie zeitliche Vorkehrungen für schwangere und stillende Frauen sowie generell Stellvertretungen für alle Frauen im Mutterschaftsurlaub.
  8. Der VPOD lehnt jede Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre ab und fordert eine Rente ab 60 im Gesundheitssektor, ausserdem Regelungen für Altersteilzeit für Personen ab 55 Jahren.
  9. Der VPOD fordert eine geschlechtergerechte Sprache, Sensibilisierungskampagnen für einen respektvollen Umgang mit Frauen und LGBTIQ-Menschen an den Arbeitsplätzen und in den Schulen sowie Prävention und Nulltoleranz in Bezug auf Sexismus und sexuelle Belästigung.
  10. Der VPOD fordert angepasste Berufskleidung für Frauen in Männerberufen, getrennte Duschen und Umkleidekabinen sowie Sicherheitsmassnahmen für das weibliche Personal an sensiblen Arbeitsplätzen und auf dem Arbeitsweg, insbesondere für Frauen, die nachts arbeiten.

Die öffentlichen Arbeitgeber werden aufgefordert, das Tempo zur Umsetzung der Gleichstellung zu erhöhen, indem sie Projekte und Diskussionen starten und überall dort, wo im Rahmen oder in der Folge des Frauenstreiks Forderungen oder Anfragen eingereicht wurden, in Verhandlungen einzutreten. Der Frauenstreik war erst der Anfang!